Würde sich unser Kalender auf den Earth Overshoot Day (zu deutsch “Erdüberlastungstag) beziehen, wäre das Jahr 2019 schon vorüber. Warum? Würde die gesamte Weltbevölkerung so leben und so viele natürliche Ressourcen verbrauchen wie wir in Deutschland, wäre das jährlich theoretisch verfügbare Budet am heutigen Tag aufgebraucht. Ab morgen leben wir also “auf Pump”.
3 Planten wären notwendig, sollten alle Menschen den gleichen Lebensstil wie wir verfolgen. Damit liegt Deutschland unter dem Viertel der Länder, die die meisten Ressourcen verbrauchen. “Zum Glück” gibt es viele andere Länder, deren Bevölkerungen deutlich weniger Ressourcen verbraucht, so dass rein rechnerisch momentan ein Ausgleich stattfindet. Aber wie lange noch? Weltweit werden schon jetzt in der Gesamtrechnung eigentlich 1,7 Planeten benötigt. Am 1. August letzten Jahres war der globale Erdüberlastungstag – also der Tag, ab dem die gesamte Weltbevölkerung “auf Pump” lebt und mehr Ressourcen verbraucht, als wir eigentlich haben.
Die meisten Länder dieser Erde sind noch nicht so weit industrialisiert wie wir, nur liegt hier der Hase im Pfeffer: Unser Lebensstil kann nicht Grundlage dafür sein, anderen Menschen diese Entwicklung zu versagen. Das Gegenteil sollte daher passieren: Länder mit einem hohen Ressourcenverbrauch müssen diesen drastisch reduzieren, damit andere Menschen die Möglichkeit haben, ihren Lebensstil zu erhöhen. Damit ist nicht das zweite oder dritte Auto in der Garage gemeint. Wir reden hier von grundsätzlichen Lebensstandards, wie medizinischer Versorgung, Infrastruktur, Elektrizität und Wärme. Dabei müssen wir auch in sofern unterstützen, dass diese Entwicklung möglichst umweltschonend geschieht. Das ist zum einen eine politische Aufgabe, aber auch eine individuelle, die jetzt und hier auch in Ratingen begonnen werden kann. Der Verzicht den die meisten Menschen als negativ ansehen, verstehen wir als Gewinn für andere Menschen auf dieser Welt.
Eine ebenso wichtiger Punkt ist die Vorbildwirkung. Wer kann es anderen in Armut und materieller Not lebenden Menschen verübeln, den gleichen Lebensstil wie den unseren anzustreben? Und wollen wir dann sagen: “Wir ja, du leider nicht. Denke an unseren Planten.”
Am Ende können wir nur vorausschauend handeln, auch geben und nicht nur nehmen- oder wir laufen Gefahr, in schwerwiegende Verteilungskonflikte zu geraten. Daher sollten wir den Planten wie eine Bank ansehen. Im optimalen Fall leben wir nur von den Zinsen. Unser Planet wirft eine Menge Zinsen hab, sonst gäbe es uns nicht. Derzeit nehmen wir aber jedes Jahr Kredite auf und leben über unsere Verhältnisse. Nur ist das Festgeldkonto noch so reichlich gefüllt, dass die Abzahlung der Kredite in die Zukunft geschoben wir: auf unsere Kinder und Kindeskinder. Ein gutes Erbe hinterlassen wir so nicht.
Noch etwas positives zum Schluss: Nachdem der Erdüberlastungstag viele Jahre lang jedes Jahr früher im Jahr war, zumindest in Deutschland, verschiebt er sich seit 2017 nach hinten. Lag der Erdüberlastungstag im Jahr 2017 Ende April, im Jahr 2018 am 2. Mai, so ist es diesmal der 3. Mai. Die kritische Frage daraus muss aber sein: Haben wir wirklich 242 Jahre Zeit, um wieder im Einklang mit unserem Planeten zu leben? Zu diesem Zeitpunkt würden wir jährlich genau so viele Ressourcen verbrauchen, wie uns zur Verfügung stehen. Die Bankenrettung 2008/2009 ging da deutlich schneller.
Möchtet Ihr euren persönlichen ökologischen Fußabdruck, also Ressourcenverbrauch, berechnen, dann ist das z.B. mit den Ressourcenrechner des Wupptertal Instituts sehr gut möglich.
Quellen:
Germanwatch (2019): Deutscher Erdüberlastungstag am 3. Mai: Keine Trendwende im Verbrauch natürlicher Ressourcen hierzulande in Sicht
Global Footprint Network: Länderübersicht
Earth Overshootday (2019): Offizielle Webseite
Zum Schluss noch ein Buchtipp: Der Club of Rome veröffentlichte 2016 das Buch “Ein Prozent ist genug”. Darin beschreibt 13 Thesen, wie weltweit Armut bekämpft, Lebensqualität gesteigert und Klimaschutz betrieben werden kann.
Titelbild: knallgrün / photocase.de