Bedeutung des ökologischen Fußabdrucks

Neben den CO2-basierten Rechnern findet man häufig die Berechnung von ökologischen (Flächen)Fußabdrücken, die oftmals in Globalen Hektar (gha) oder Erden angegeben werden. Jedem Menschen stehen derzeit theoretisch 1,63 gha Hektar für seinen Bedarf zur Verfügung, die jedoch nicht ausreichen. Aktuelle Daten gehen von 2,75 gha aus, was einen Verbrauch von 1,69 Erden entspricht. Zur Erinnerung: Wir haben nur eine Erde. Die länderspezifische Verteilung ist dabei sehr unterschiedlich: Deutschland verbraucht derzeit 2,97 Erden (-4,84 gha pro Person), die USA 4,97 Erden (-8,1 gha pro Person), die Vereinigten Arabischen Emirate 5,47 Erden (-8,92 gha pro Person), Brasilien 1,73 Erden (-2,75 gha pro Person) und der Kongo 1 Erde (+9,19 gha pro Person), um nur einige Länder zu nennen. Vielen ist der Earth Overshoot Day (Erdüberlastungstag) ein Begriff, der durch die unabhängige Denkfabrik Global Footprint Network geprägt wurde. Im Jahr 2019 lag der weltweite Erdüberlastungstag am 29. Juli. Das bedeutet, dass die Ressourcen, die eigentlich für das gesamte Jahr ausreichend müssten, schon deutlich früher verbraucht sind- weil sie in den weltweiten Wertschöpfungsketten aufgegangen sind und die natürlichen ökologischen Regenerationsprozesse nicht in der Lage sind, die Lücke zu schließen. Um es zu verbildlichen: Wir haben 10.000 EURO Budget für 365 Tage, die jedoch nach 210 Tagen aufgebraucht sind. Für die restlichen 155 Tage müssten die Menschen in ein ökologischen Fasten übergehen, oder, eher wahrscheinlich, das Konto überziehen. Einen solchen Kredit nehmen wir im übertragenen ökologischen Sinne ebenso auf, indem wir die Ressourcen künftiger Jahre und Jahrzehnte sowie der zukünftigen Generationen, also derer unserer Kinder und Kindeskinder, anzapfen. In den Nachhaltigkeitswissenschaften spricht man von intergenerationeller Gerechtigkeit – auch unter dem Begriff Generationengerechtigkeit bekannt –, in dessen Sinne kommende Generationen in ihrer Bedürfnisbefriedigung nicht durch die Lebensweise der gegenwärtig lebenden Generation eingeschränkt werden sollen (M. v. Hauff (2019): Nachhaltige Entwicklung, S. 109).

Dieser Grundsatz wurde vor einigen Jahrzehnten gekippt, wie die Publikation Tracking the ecological overshoot of the human economy beschreibt. Zuletzt konnte die Menschheit Ende der 1970er Jahre ihren ökologischen Fußabdruck so gestalteten, dass die ökologischen Grenzen nicht überschritten wurden. Somit wurde der Pfad der Generationsgerechtigkeit und somit der Pfad der ökologischen Nachhaltigkeit bereits vor geraumer Zeit verlassen.

Der ökologische Fußabdruck der Menschheit im Vergleich zur ökologischen
Diese Grafik zeigt für jedes Jahr seit 1960, wie viele Erden erforderlich wären, um die von der Menschheit benötigten Ressourcen zu liefern und die von ihr abgegebenen Umweltbelastungen aufzunehmen. Dieser Bedarf wird dem vorhandenen Angebot gegenübergestellt: unserem Planeten Erde. Ab den 1980er-Jahren übersteigt der Bedarf der Menschheit das Angebot der Natur, bis zu einer Grenzüberschreitung von etwa 20 % im Jahr 1999. (Quelle: M. Wackernagel et al. in Die Grenzen des Wachstums – Das 30-Jahre-Update (Meadows et al., 2012))

Methodik und Grundlage des ökologischen Fußabdrucks

Beim methodischen Ansatz des ökologischen Fußabdrucks werden die konkurrierenden menschlichen Anforderungen an biologische produktiver Flächen gemessen. Diese Flächen sind Wälder, Grünland, Ackerland und Fischerei in Meeres- und Binnengewässer. Unter konkurrierenden menschlichen Anforderungen sind die Entnahme von Nahrung, der Abbau von Rohstoffen, die Faserproduktion (z. B. Baumwolle), die Holzentnahme oder die Aufnahme (Absorption) von CO2 durch die jeweiligen Flächen gemeint. Der ökologische Fußabdruck wird der Biokapazität gegenübergestellt. Sie ist der Grad an biologisch produktiven Land- und Meeresflächen, die zur Verfügung stehen, um Ressourcen bereitzustellen, einschließlich der Regenerationsfähigkeit ökologischer Materialien – aus anthropozentrisch konsumistischer Sicht das ökologische Produktivitätsniveau –, der Fähigkeit der Aufnahme (Absorption) menschlicher Abfälle durch unsere Ökosysteme und unter Berücksichtigung derzeitiger Technologien und Managementpraktiken (Quelle). Um die vergleichbare Maßeinheit Globaler Hektar so erzeugen, werden die Flächen in einen Produktivitätsfaktor umgewandelt und können so über Raum und Zeit verglichen werden. Die Methode ermöglicht eine Rückdatierung bis auf das Jahr 1960.

Der ökologische Fußabdruck stellt ein Art Buchhaltersystem dar, indem verfügbare Flächengrößen und -typen sowie deren Regenerationsfähigkeit der menschlichen Nutzung gegenübergestellt werden. Vorteil dieses wissenschaftlichen (Bucherhalter)Systems: Es kan auf Regional-, Staaten-, Städte-, Unternehmensebene und Ebenen von Einzelpersonen Vergleiche durchgeführt werden. Zumeist findet der Vergleich auf Ebene der Nationalstaaten statt. Da Staaten Rohstoffe ex- (öokologischer Fußabdruck sinkt) und importieren (ökologischer Fußabdruck steigt), wird der ökologische Fußabdruck noch weiter ausdifferenziert. Wie hoch oder gering ist etwa die ökologische Tragfähigkeit eines Staates gegenüber eines anderen Staates. Z. B. übersteigt Deutschland der ökologische Fußabdruck die Biokapazität um 200 Prozent, und ist damit im negativen Bereich. Eines der Länder, die im positiven Bereich sind, ist Schweden, da dort die Biokapazität den ökologischen Fußabdruck um 48 Prozent übersteigt (Quelle).

Schaut man sich z. B. Industriestaaten auf der Explorer Map des Global Footprint Networks an, sind vor allem die moderne Industriestanden im roten Bereich; sie wirtschaften, leben, produzieren auf Kosten derer, die im Moment einen deutlich niedrigeren ökologischen Fußabdruck aufweisen, meist Länder des globalen Südens. Im Fachterminus wird zwischen Localised Poor und Global Consumer Class unterschieden. Die Bezeichnung Localised Poor spiegelt die weltweite Bevölkerungsschicht wieder, die in armen Verhältnissen lebt und die Biokapazität der Erde auf Grund ihres Lebensstils nicht übersteigen. Unter Global Consumer Class wir der Teil der Menschenheit zusammengefasst, die als wohlhabende Passagiere der Erde bewohnen sowie hohe ökologische Fußabdrücke. Aus dieser Klasse heraus müssen die Anstrengungen für die Absenkung des ökologischen Fußabdrucks und der Erhalt der Biokapazität der Erde erwachsen. Da die Menschheit gegenwärtig 1,63 Erden pro Jahr benötigt/verbraucht, reicht selbst das derzeitige Nord-Süd-Gefälle zur Wahrung der planetaren Grenzen. Somit lebt die gesamte Weltbevölkerung in Gänze auf Kosten der zukünftigen Generationen, auch wenn die Verteilung des gewonnenen Reichtums dabei sehr ungleich verteilt ist. Hier spiegelt sich neben der ökologischen und ökonomischen auch die soziale Ungerechtigkeit wieder. Auf Grund der Vergleichbarkeit ist das vom Global Footprint Network erarbeitete Tool des Globalen Hektars als Nachhaltigkeitsindikator nutzbar.

Ökologischer Rucksack vom Global Footprint Network

Ratingen.nachhaltig stellt die Berechnung des Ökologischen Rucksacks (gha) vom Global Footprint Network vor
Die Nutzeroberfläche des ökologischen Fußabdruck-Rechners vom Global Footprint Network.

Das Global Footprint Network stellt neben der methodischen Entwicklung des ökologischen Fußabdrucks und der grafischen Oberfläche namens “Ecological Footprint Explorer” einen Online-Rechner zur Bewertung des individuellen ökologischen Fußabdrucks zur Verfügung.

Die dem Rechner zugrunde liegende Methodik wurde im vorherigen Kapitel ausführlich erläutert. Wird die Seite in englischer Sprache angezeigt, kann diese oben rechts auf Deutsch geändert werden. Was wir zu Beginn nicht gut finden ist, dass der Rechner erst durch die Eingabe eines Facebook-Accounts oder unter Angabe einer E-Mail-Adresse geladen wird. Jedoch ist die Eingabe irgendeiner E-Mail-Adresse möglich, z. B. jkasdfjk@sdfjk.de, um den Onlinerechner zu starten. Ebenso ist der Pfeil zum Fortfahren auf der rechten Bildschirmseite etwas versteckt.

Es werden die Kategorien Lebensmittel, Wohnen und Mobilität abgefragt. Als Ergebnisse bekommt man seinen persönliche Earth Overshoot Day angezeigt sowie die Summe an Erden, die benötigt werden, wenn alle Menschen so leben würden. Unter dem Reiter „Siehe Einzelheiten“, wird das Ergebnis en détail aufgeschlüsselt. Indirekte Auswirkungen durch die Zurverfügungstellung von Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsfürsorge werden automatisch in die Berechnungen einbezogen. Unter dem Reiter „Lösungsmöglichkeiten“ öffnet sich eine Karte mit Aktivität, die den weltweiten ökologischen Fußabdruck helfen zu senken sowie als Inspirations- und Vernetzungsplattform dienen kann. Die Plattform ist auch unter diesem Link erreichbar.

Ökologischer Rucksack vom österreichischen Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus

Ratingen.nachhaltig stellt die Berechnung des Ökologischen Rucksacks (gha) vom österreichischen Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus vor
Die Nutzeroberfläche des ökologischen Fußabdruck-Rechners vom österreichischen Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus.

Das österreichische Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus stellt einen sehr umreiches Onlinetool zur Ermittlung des ökologischen Fußabdrucks zur Verfügung. Die Hauptkategorien der Abfragen teilen sich in Wohnen, Ernährung, Mobilität und Konsum auf und sind mit einer Reihe von Unterfragen gesäumt. Das Onlinetools zeigt je nach Eingabe den die globalen Hektar Fußabdruck, gestaffelt nach den Hauptkategorien zum Durchschnitt aller Nutzer und Nutzerinnen an. So bekommt man ein Gefühl für die Bewertung. Zu jeder Frage können detaillierte Informationen abgerufen werden. Zudem werden Tipps zur Verringerung der individuellen Globalen Hektar gezeigt. Als Ergebnis werden die individuellen Werte und die verbrauchten Erden angezeigt.

Methodisch baut dieser Rechner auf den Daten des Global Footprint Networks auf.

Ökologischer Rucksack von Brot für die Welt

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Die Nutzeroberfläche des ökologischen Fußabdruck-Rechners von Brot für die Welt.

Zur Ermittlung des ökologischen Fußabdrucks näher sich der Rechner von Brot für die Welt mittels 13 Fragen im Bereich Ernährung, Wohnen, Mobilität und Konsum an. Gerade auf den Bereich Ernährung wird viel Wert gelegt, was der Herkunft der Organisation entspricht. Nach jeder Beendigung der einzelnen Kategorie ist ein Zwischenstand zum jeweiligen Themenfeld ersichtlich. Am Ende findet sich der addierte Fußabdruck aller Kategorien, auf den eine Sockelbetrag von 1,0 globale Hektar durch die Bereitstellung von Dienstleistungen wie Infrastruktur hinzugerechnet wird. Zudem ist ebenso ersichtlich, wie viel Erden benötigt werden würden, wenn alle Menschen so leben, wie eine in Deutschland lebende Person.

Auch bei diesem Rechner wird die methodische Grundlage des Global Footprint Networks genutzt.